In meinem ersten Blogeintrag zur Corona-Krise hatte ich ja schon darüber berichtet, wie die gesetzliche Lage ist, wenn man aufgrund der Kita- und Schulschließungen seine Kinder zu Hause betreuen muss und nicht mehr arbeiten kann. Das bittere Ergebnis ist, dass Arbeitgeber*innen nicht verpflichtet sind, weiter Gehalt zu zahlen. Kinderbetreuung ist Elternsache – auch in Krisenzeiten.
Diese Rechtslage fühlt sich ein bißchen wie ein Faustschlag ins Gesicht an. Viele Eltern sind nach den ersten beiden Stayathome-Wochen völlig fertig und ausgebrannt, weil sie sich zwischen Job und Kinderbetreuung zerreissen müssen. Ich möchte dazu gerne die Nachricht einer Leserin mit euch teilen, die mich sehr berührt hat:
Seit der Ausgangssperre sitzen mein Mann und ich mit den Kinder zu Hause und versuchen zu arbeiten, wir arrangieren uns irgendwie, aber es ist natürlich hart mit Kleinkindern.
Am Freitag wurde bei uns Kurzarbeit verkündet, ich bin davon aber nicht betroffen und arbeite weiter 28 Stunden, Hinzu kommt, dass sich noch weitere Themen der Kollegen übernehmen soll, die dann ab jetzt zu Hause sind.
Ich kann diese Entscheidung nicht nachvollziehen, das ist das eine. Das andere ist, dass mich diese Situation auffrisst gerade. Wie soll das funktionieren mit 2 Kleinkindern? Die letzten beiden Wochen haben wir uns schon zerrissen und jetzt das? Mein Mann tut, was er kann, aber ist selbst auf einer 100 Prozent Stelle und zerreisst sich natürlich ebenfalls, dass er in der Situation jetzt Urlaub nimmt, ist nicht möglich. Bei mir auch nicht.
Für dieses Dilemma, in dem bestimmt gerade sehr viele von euch stecken, gibt es nun eine erste Lösung: Seit dem 1.4. ist eine neue Regelung im Infektionsschutzgesetz im Kraft, die eine spezielle Eltern-Entschädigung vorsieht, wenn Betreuungseinrichtungen aufgrund einer Pandemie geschlossen wurden und Eltern aufgrund dessen nicht mehr arbeiten können. Wahnsinn, wie schnell im Notfall neue Gesetze verabschiedet werden können!
Auch wenn das Gesetz noch ganz neu ist und ich den Eindruck habe, dass noch niemand so richtig weiß, wie und wo es beantragt werden soll, habe ich euch schon einmal die wichtigsten Infos zusammengetragen, damit ihr einen ersten Überblick habt. Den Original-Gesetzestext habe ich euch hier verlinkt.
Wie hoch ist die neue Eltern-Entschädigung nach § 56 Abs. 1a) IfSG?
Eltern sollen ab sofort für bis zu 6 Wochen 67 Prozent des aufgrund der Kinderbetreuung entstandenen Verdienstausfalls erhalten – bis zu einem maximalen Betrag von EUR 2016,00 für einen vollen Monat.
Der Arbeitgeber muss sich also – hart formuliert – so positionieren, dass er nicht mehr gewillt ist, Gehalt zu zahlen, wenn die Eltern aufgrund mangelnder Kinder-Betreuungsmöglichkeiten nicht mehr arbeiten können.
In vielen Fällen, wird er die Problematik lösen, indem er Kurzarbeit einführt, falls er sich doch dagegen entscheidet, oder die Arbeitszeit nur auf wenige Stunden gekürzt wird, dürfte die Eltern-Entschädigungs- eine Option sein, um Gehälter in der Krise einzusparen.
Für wen ist das neue Eltern-Entschädigung interessant?
Die Eltern-Entschädigung steht sowohl angestellten als auch selbständigen Eltern zu. Ob die Entschädigung wirklichen Frage kommt, hängt vom Einzelfall ab. In folgenden Fallkonstellationen dürfte ein Entschädigungs-Antrag nach § 56 Abs. 1a) IfSG auf jeden Fall Sinn machen:
- Du bist nicht von Kurzarbeit betroffen, allerdings kannst du weder im Home Office noch im Unternehmen arbeiten, weil du dein Kind zu Hause betreuen musst und auch keine alternative Betreuungsmöglichkeit hast.
- Du hast bereits Urlaub und Überstunden genommen, um ohne Gehaltseinbußen deine Kinder betreuen zu können. Jetzt muß eine Lösung her, da du wieder arbeiten musst, aber keine Betreuungsmöglichkeit hast.
- Deine Elternzeit neigt sich dem Ende zu – aufgrund der geschlossenen Kitas kannst du dein Kind aber nicht eingewöhnen, zudem hast du keine alternative Betreuungsmöglichkeit, weil dein Partner*in ebenfalls arbeiten muss.
Voraussetzungen für die Eltern-Entschädigung gemäß § 56 Abs. 1a) IfSG
- Vorübergehende Schließung der Kita bzw. Hort zur Verhinderung der Verbreitung von Infektionen/Krankheiten.
- Das zu betreuende Kind/Kinder ist jünger als 12 Jahre oder behindert und ist auf Hilfe angewiesen.
- Es besteht keine alternative Betreuungsmöglichkeit/Anspruch auf Notbetreuung.
- Überstunden/Zeitguthaben wurden abgebaut.
- Ein Verdienstausfall ist eingetreten.
Achtung: Der Anspruch besteht nicht, wenn du Kurzarbeitergeld, Entgeltfortzahlung, alternativen Lohnersatz, Kinderkrankengeld oder andere Leistungen bezogen hast!
Wie funktioniert die Beantragung und Auszahlung von Notbetreuungsgeld?
Wenn du angestellt bist, ist es Sache des Arbeitgebers, diese Entschädigung zu beantragen und über deine Lohnabrechnung abzurechnen. Falls dein Arbeitgeber diese Regelung noch nicht kennt, kannst du ihn um Beantragung beim Gesundheitsamt bitten und ihm dazu einige grundsätzliche Infos schicken. Auf der Seite des Familienministeriums gibt es z.B. eine kurze Zusammenfassung zur Eltern-Entschädigung, die man gut weiterleiten kann.
Natürlich solltest du deinen Arbeitgeber*in bei der Antragstellung unterstützen, denn vermutlich wirst du bestimmte Bescheinigungen vorlegen müssen, z.B. dass du keinen Anspruch auf Notbetreuung hast, bzw. keine anderweitige Möglichkeit hast, dein Kind zu betreuen.
Wenn du selbständig bist, stellst du den Antrag direkt bei der zuständigen Behörde. Zuständig sind grundsätzlich die Gesundheitsämter. Falls du keine Infos im Netz findest, solltest du das für dich zuständige Gesundheitsamt direkt kontaktieren.
Gerne würde ich dir hierzu noch weitere detaillierte Tipps geben, allerdings findet man auf den Seiten der Gesundheitsämter bisher kaum Infos. Vorbildlich ist in dieser Hinsicht Mecklenburg-Vorpommern. Schaut euch mal diesen Link an. Dort seht ihr ganz gut, welche Angaben die Behörde braucht, um die Eltern-Entschädigung auszuzahlen.
Löst die neue Eltern-Entschädigung wirklich das Dilemma, in dem wir Eltern gerade stecken?
Klar, die neue Regelung ist ein Schritt in die richtige Richtung. Der Gesetzgeber hat das Problem immerhin erkannt und schnell reagiert. Dafür muss man ihn auch mal loben. Allerdings sieht das Gesetz nur eine sehr kurzfristige Lösung vor. Was ist, wenn die Kitas und Schulen nicht nur bis Ostern, sondern noch länger geschlossen sind und die 6 Wochen Entschädigung bis dahin aufgebraucht worden sind?
Und natürlich wäre es schöner gewesen, wenn man Eltern eine 100%-Entschädigung zugesprochen hätte. Andere Fälle, wie z.B. Arbeitnehmer*innen, die aufgrund einer Corona-Infektion zu Hause in Quarantäne bleiben müssen, erhalten laut Infektionsschutzgesetz ja auch eine Erstattung in Höhe von 100% ihres Verdienstaufalles. Es bleibt mal wieder der bittere Beigeschmack, dass man finanziell bestraft wird, wenn man Kinder hat…
Ihr Lieben, ich hoffe sehr, dass euch diese Infos weiterhelfen. Bestimmt wird es zur Eltern-Entschädigung noch einige Updates geben, da es ein brandneues Gesetz ist. Ich freue mich sehr, wenn ihr eure Erfahrungen und Links unter diesen Beitrag postet!
Am 9.4. gibt es übrigens wieder ein Webinar zu Elternrechten in der Corona-Krise – darin werde ich die neue Eltern-Entschädigung noch einmal ganz genau erklären, euch ganz viel Tipps verraten und natürlich Mut in der Krise machen! Anmelden könnt ihr euch hier. Den Erlös des Webinars spende ich wieder zu 100% an Leuchtturm-Hamburg e.V.
Würde mich sehr freuen, wenn wir uns nächste Woche sehen, bis dahin viel Kraft und bleibt alle gesund!
5 Kommentare
Jens
3. April 2020 at 13:05Langsam aber stetig mehren sich die kritischen Stimmen zur Corona-Hysterie:
https://www.freitag.de/autoren/adm/die-kleine-hexe
CaroS
14. April 2020 at 12:46Wie beurteilst du denn das viel diskutierte Thema mit dem Urlaub? Muss wirklich der gesamte Jahresurlaub genommen sein, bevor ein Anspruch möglich ist oder nur anteilig bis zB April? Dankeschön!
Corona Eltern-Entschädigung – so stellst du den AntragSmart Mama | Smart Mama
20. April 2020 at 0:39[…] Voraussetzungen für die Eltern-Entschädigung könnt ihr noch einmal hier […]
Müller Jessica
21. April 2020 at 6:06Weißt du mehr zu dem Thema wie es mit kleinen Kindern und Home Office aussieht?
Da gibt es, wie ich finde ja keine klare Aussage.
Für mich stellt das mit einem 3 und einem 5 jährigen echt ein Problem da, zumal ich eigentlich hauptsächlich telefonieren muss. Mein Arbeitgeber stellt sich ohne hin quer, verlangt aber die gleiche Leistung wie bisher.
Danke und liebe Grüße Jessica
Verenas
21. April 2020 at 23:42Hallo , guten Abend.
Wie sieht es denn mit den Aushilfskräften aus? Den Minijobbern?
Fallen die komplett raus?
Viele Grüße
Verena